Alles wird gut — Garten Eden eingerollt

Intervention Performance

* Details aus der Performance, Fotos © Christian Glaus *

Anlage

Eine Performance als botanische Führung durch den Schlosspark an einem grauen, kalten Wintertag. Der Schlosspark ist ein ursprünglich als Arboretum angelegter Baumgarten in Hanglage, durchzogen von einem Bächlein, dessen Wasser aus einer Betonröhre steil auf eine künstliche Felsenlandschaft fällt, mit Brücken, Treppen, Kieswegen, einem Bienenhaus und gedeckter Aussichtsterrasse, die einen wunderbaren Panoramablick auf den Zürichsee freigibt.

Vorgehen

Mein Plan: Alle Pflanzennamen, die ich im Park auf Täfelchen angeschrieben vorgefunden habe, zu memorieren. Ich will ihnen eine Stimme geben! Unabhängig vom tatsächlichen Standort der Pflanze, ordne ich jeden Namen einer bestimmten Stelle im Park zu. Die Namen will ich einzeln an- und aufrufen. Diese örtliche Erinnerungshilfe bildet das Koordinatensystem meiner Route. Konsequent gehe ich immer neben den Parkwegen, während die Zuschauer*innen aufgefordert werden, immer auf den Wegen mitzugehen. Die Choreografie meiner Fortbewegung wird wesentlich durch das Gelände bestimmt.

Ein eingerollter Orientteppich hängt an einem Kletterseil von einem grossen Baumast herab über dem Weg am unteren Schlosshügel. Von dort zieht das leuchtend farbige Seil eine siebzig Meter lange, eisblaue Linie durch die Luft und in Bodennähe durchs Gebüsch in den südwestlichen Teil des Parks. Am anderen Ende stehe ich in übergrossen Fischerstiefeln neben einem Bächlein im schneetrunkenen Gras und Gehölz, das Seil an meinem Klettergurt befestigt, ich bin von schneebedeckten Bäumen und Gebüschen verdeckt. Sozusagen als Gegengewicht des Teppichs halte ich in Schräglage diese Position während ca. 20 Minuten, bis alle Zuschaue*innen eingetroffen und versammelt sind.

Jetzt kündige ich die botanische Führung an. Mit gespanntem Seil bewege ich mich zu einem Baum, umkreise ihn und befestige das Seilende. Die Fischerstiefel reichen mir fast bis an die Hüften und sind sehr nützlich: Vom Seil losgebunden tappe ich langsam neben und im Bachbett ins unebene steile Gelände und den schlüpfrigen Untergrund im Wasser in Richtung Wasserfall. Hier und dort halte ich in gewagten Posen inne. Dann hechte ich ins schneeschwere Gebüsch, versinke darin. Alsdann pflüge ich mich im weisslichen Gestrüpp durch die Schneemassen und bleibe momentan unter den schneebehangenen Ästen eines Strauches sitzen. Auf allen Vieren krieche ich weiter oder bewege mich behände wie ein Wildtier durchs schneebedeckte Laub, während ich fortwährend ‹klingende› Pflanzennamen ausrufe: «WURZELBLÄTTRIGER SCHNEEBALL ... FRANZÖSISCHER AHORN ... JAPANISCHER AHORN ... KAPPADOZISCHER AHORN ... HORTENSIE ... SCHEINZYPRESSE ... PFAFFENHÜTCHEN ... TROMPETENBAUM ... ALPENJOHANNISBEERE ... DUFTBLÜTE ... ASTILBE ... MAGNOLIE ... ABELIE ...»

Der Parcours endet auf einer schneebedeckten Wiese neben der gedeckten Aussichtsterrasse: hier werfe ich mich bäuchlings in den nassen Schnee, drehe in horizontaler Lage mehrer Rollen um die eigene Achse im schneebedeckten Gras, richte mich schwankend in die Vertikale und re-zitiere die letzten aller memorierten Pflanzennamen.

Pflanzen-Recherche