Anna IV — im Unterrichtszimmer
Performance Intervention
* aus dem Skript und einige der 25 Vornamen der Studierenden, die ich für die Performance memorierte *
Hintergrund der Performance-Serie «Anna ...»
Ich verwende das gleiche Szenario wie für «Anna III», an den Migma Performancetagen in Luzern.
Dieses Mal sind die Zuschauer:nnen die Student*nnen des Instituts Architektur an der HSLU Horw. 25 Vornamen muss ich memorieren, und die Performance findet bei Tageslicht statt. Sie beginnt in einem Unterrichtsraum und bewegt sich via Treppenhaus in den Aussenraum.
Ich stelle mich im Unterrichtszimmer vor die Wandtafel und schaue die Student*nnen an, die an den Pulten auf Stühlen sitzen. Ich ziehe meine Schuhe aus, blicke wieder zu den Student:nnen und verbinde mir dann die Augen. Da ich von jetzt an nichts sehe, lade ich sie ein, mich zu navigieren. Vier abgesägte Beine eines Holztisches stelle ich sozusagen als Koordinaten auf einen Tisch und ausserhalb des Schulzimmers im Gang auf den Boden. Die Student:nnen helfen beim Navigieren, wie: «... etwas mehr rechts, links, Achtung Türe, Wand ...» etc. Auf dem Gang bewege ich mich in ledernen Bergschuhen, das Leder quietscht. Auch hier rufe ich aus dem Gedächtnis Namen auf. Ich halte einen Stapel Papierbogen in den Händen, die die Studierenden vorab mit ihren Namen beschrieben haben; auf jedem Blatt einen Namen. Jetzt verteile ich die Blätter wieder und bitte die Anwesenden, sie bis zum letzten Blatt mit Malerklebeband an meinen Körper zu kleben. Wie Fischschuppen 'hängen' sie nun an mir. Nachher begeben wir uns nach draussen auf einen Parcours: Wir steigen eine Treppe hinunter, durch eine Glastüre und über weitere Treppen gelangen wir auf eine offene Wiese. Mitten auf der Wiese mache ich mehrere Drehbewegungen und verliere die Orientierung. Mit der Navigationshilfe der Student*:nnen steige ich auf einen Picknick-Tisch und nehme Posen ein und bitte sie dann, mich zurück ins Haus zu begleiten: Treppen hoch, dem Gebäude entlang, wieder Treppe hoch zurück in den Gang in die Nähe unseres Ausgangspunktes. Zuerst sind meine Bewegungen ruckartig und zuckend dann werden sie grösser und raumgreifender, trotz der verbundenen Augen. Ich riskiere, mich im engen Gang an Metallschränken, Treppengeländer zu stossen, was tatsächlich geschieht. Die Student:innen müssen immer wieder Platz machen. Die Papierblätter rascheln und rauschen. Hier rufe ich, «nun wäre es Zeit, sich wieder einen Namen zu ergattern, sei es den alten oder einen neuen». Die Papierblätter werden von meinem Körper 'abgerissen', es zieht und rupft an mir. Ich nehme die Augenbinde ab, blicke in die Runde, sehe die weissen Blätter in den Händen der Student:innen und auf dem Boden zerstreut, ich verbeuge mich ...