Edition
Floating Gaps
«Dorothea Rust: Floating Gaps. Affektive Politiken von Performance-Kunst zwischen Erinnerung und Ereignis», von Bernadett Settele
publiziert in FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und Visuelle Kultur, New Politics of Looking? — Affekt und Repräsentation, Nr. 55 (2014)
Performance-Kunst kann Bildlichkeit und identifikatorische, schließende Momente nicht vermeiden; im Gegenteil: Sie arbeitet mit Formen des Wiedererkennens und Identifizierens. Dies wird gerade beim Versuch spürbar, eine andere Geschichtsschreibung zu leisten. Sosehr sich eine Performance im Jetzt ereignet, wird sie doch kaum außerhalb von zuvor Gesehenem rezipiert – sondern im Vergleich mit anderen Performances, bezüglich bestehender Vorstellungen vom Körper, möglicher Formen des Handelns und Zu-Sehen-Gebens. Performance-Kunst ruft bekannte und bestehende Bilder auf, doch ihr Potenzial liegt darin, solche Bilder zu aktualisieren und zu verschieben. In diesem Beitrag wird beleuch- tet, inwiefern die These einer solchen verschiebenden Wiederho- lung mit ästhetischen Politiken der Affizierung oder des Affekts zusammenspielt. Ich interessiere mich dafür, wie sich Performance Art als ästhetische Situation mit Termini von Offenheit und Affizierbarkeit (Butler 2011) beschreiben lässt und wie sie auf Ebenen der Reflexion und Analyse zugreift. Inwiefern kann eine Performance-Situation empfänglich für andere Lesarten bekannter Geschichten machen, ohne unreflektiert(e) Wirkungen zu zeitigen? Inwiefern kann sie neue Geschichten oder Bilder entwerfen, ohne diese voreilig festzuschreiben? Wie lässt sich ein «ins Bildliche gewendetes Zitieren» von Performance (Krämer 2008: 18f.) für eine praktische Theoriebildung nutzen? Am Beispiel der Performerin und Choreografin Dorothea Rust und ihrer Arbeit möchte ich versuchen zu zeigen, wie ein solcher Lektüreprozess aussehen könnte.
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